Glanzstück des Monats Oktober
Als Martin Luther sich in seiner evangelischen Theologie und deren Auslegung gegen die Heiligenanbetung aussprach, hatte er wohl die Vielzahl an Heiligen und deren unzähligen Reliquien im Sinn, die seit dem vierten Jahrhundert das christliche Abend- und Morgenland regelrecht überschwammen. Obwohl oft die Echtheit der Reliquien widerlegt wurde, ziehen noch immer die Überreste der Heiliggesprochenen die Menschen an und in ihren Bann.
Carmen Sengewald schreibt zur Reliquienbüste in ihrem Begleittext:
„[…] Die Details des Reliquiars sind sehr fein herausgearbeitet. Die Halspartie ist nicht weniger akkurat gearbeitet mit Ansatz des Adamsapfels als auch die beiden Schlüsselbeinknochen des Mannes. Diese Detailtreue bleibt auch bei der Maske der Skulptur erhalten. Ausgearbeitete Stirnfalten, fein gestaltete, aber natürlich wirkende Lippen und eine zurückhaltende römische Nase lassen das Gesicht sehr reell wirken. Die Augen treten dabei besonders hervor durch ihre Lebendigkeit: Sklera (Lederhaut), Pupille und Iris sind erkennbar unterschiedlich farblich gearbeitet. Aber auch die angedeutete Kleidung lädt den Betrachter ein, die Skulptur dahinter zu vergessen. Sichtbar ist der Übergang zwischen Hemd und Haut, das grob gelockt fallende dunkle Haar auf den Schultern, auch die Kette mit kleinen Herzen in den Gliedern ist filigran ausgearbeitet. Im Bereich des Hinterkopfes ist in der Skulptur eine große Aussparung. Es ist nicht erkennbar, ob dies Absicht oder Willkür gewesen ist. Da die Fassung für den Schädel fehlt, bleibt auch diese Frage unbeantwortet. Herausgebrochenes Holz deutet zumindest daraufhin, dass das Loch im Ursprung kleiner gewesen ist. Dadurch ist der hintere Schädelbereich gut sichtbar. Aufgrund des starken früheren Befalls des Holzwurms (Larven des Nagekäfers) sind die feinen Details, die sich auch im Rückenbereich der Büste befanden, fast vollständig verschwunden. […]“
Mehr zur Reliquienbüste eines unbekannten Heiligen lesen Sie hier:
© Foto: Carlo Böttger / MSMZ
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