Von Hamburg in die Heimat der Kinderwagen
Das gibt es nicht alle Tage. Post aus Hamburg mit einer individuellen Briefmarke. Darauf zu sehen ein allzu bekanntes Flaniergefährt und die Aufschrift „Dom- und Residenzstadt Zeitz – Heimat der Kinderwagen“.
Darinnen ein feiner Schuber mit 14 schönen Postkarten, die allesamt mit der Geschichte der Zeitzer Kinderwagenindustrie zu tun haben. Es sind Plakate, Katalogblätter aus fernen Zeiten und, ziemlich heutig, kleine naive Zeichnungen, gefertigt von Günter Jäger nach Vorlagen aus jenen fernen Zeiten. Ernst-Albert Naethers Art, Weihnachtsgrüße zu versenden, zugleich an diese reiche Geschichte zu erinnern und an unsere Verantwortung, sie zu bewahren. Die Karten und die erläuternden Aufschriften dazu sehen Sie hier.
Mit einem Herzlichen Dank nach Hamburg an Ernst-Albert Naether!
Zum Flanieren und Promenieren waren Naethers Kinderwagen hervorragend ausgestattet. Dazu luden auch zahlreiche Parks und städtische Anlagen ein, die besonders im Eurpa des späten 19. Jahrhunderts eine wahre Blütezeit erlebten. Das Modell von 1904 bestach durch sein patentgeschütztes Korb- und Kastenmuster und die deutlich verschiedene Größe der Vorder- und Hinterräder.
Die Kinderwagen- und Holzfabrik E.A. Naether in Zeitz war wie viele andere namhafte Unternehmen ihrer Branche weit mehr als „nur“ Kinder- und Puppenwagenhersteller. Bereits Anfang der 1880er-Jahre machte ein breit gefächertes Angebot an Holzwaren bei E.A. Naether mehr als die Hälfte des Sortiments aus, für das in Anzeigen in überregionalen Zeitungen geworben wurde.
Das barocke, 1996 abgerissene Wohn- und Geschäftshaus Judenstraße 2 ist der Ursprungsort der deutschen Kinderwagenindustrie. In der hofseitigen Werkstatt des elterlichen Grundstücks begründete der Stellmacher Ernst Albert Naether (1825-1894) in kleinen Anfängen 1846 seine später weltbekannte Kinderwagen- und Holzwarenfabrik. Seit 2016 erinnert eine Gedenktafel am Nachfolgebau an die bedeutende Geschichte dieses Standortes.
„Breaks“ oder „Selbstfahrer“ für Kinder gehörten über Jahrzehnte zum Produktionsprogramm. Der zunehmenden Motorisierung trug das Angebot bei E.A. Naether seit 1926 mit zahlreichen Spielautos Rechnung. 1932 wurden in Naethers Firmenkatalog gleich zehn Modelle angeboten, die das Autofahren mit „Schutzscheibe“ oder wahlweise „elektrischem Licht“ geradzu ideal imitierten. (Sonderkatalog um 1930)
Mit dem Bau der „Villa Steineck“ um 1900, die nach einem Entwurf des Architekten Otto March für den Fabrikbesitzer Richard Naether und dessen Familie entstand, erlebte die großbürgerliche Zeitzer Wohnkultur ihren Höhepunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Unternehmerresidenz unter den veränderten politischen Bedingungen zu einem „Haus des Volkes“, das von 1964 bis 1990 den Namen Kulturhaus „Weltfrieden“ trug. Verblieben ist nur eine Bauruine.
1908 war die bauliche Entwicklung der Firma E.A. Naether zwischen Elsterufer, Badstubenvorstadt und damaliger Naetherstraße weitestgehend abgeschlossen. Davon kündet noch heute insbesondere die repräsentative Jugendstilfassade, hinter der sich bis 1996 die Produktionsstätten der Zeitzer Kinderwagenindustrie befanden. Sie ist das erhaltene steinerne Symbol von Zeitz als „Heimat der Kinderwagen“.
Ab 1896 schuf Fabrikbesitzer Albin Naether für sich ein nobles Zuhause in der Geschwister-Scholl-Straße 6/7 mit einer prachtvollen Villa, die nicht nur von einem markanten Turm mit Kupferdach bekrönt ist, sondern durch zahlreiche Details und figürliche Elemente belebt wird. Die Villa stellt ein authentisches Bauzeugnis einer gründerzeitlichen Unternehmerresidenz dar.
Auf dem Mitte des 16. Jahrhunderts angelegten Unteren Johannisfriedhof in der Zeitzer Stephanstraße befindet sich seit 1894 die Ruhestätte der Familie E.A. Naether. Das künstlerisch wertvolle Grabmonument wird von einer allegorischen Frauenfigur in Sitzpose dominiert, die mit sinnierendem Blick eine Grabtafel in der Hand hält.
Deutsches Kinderwagenmuseum
Das Deutsche Kinderwagenmuseum Zeitz erzählt die Geschichte des Kinderwagenbaues von ihren Anfängen in den 1840-er Jahren bis 1990 mit wertvollen Ausstellungsstücken, digitalen, interaktiven und museumspädagogischen Angeboten.
Die in zwei Abschnitte unterteilte Ausstellung präsentiert im ersten Teil die Historie der Kinderwagen von 1846 bis zum 2. Weltkrieg. Im zweiten Teil eröffnet sich die spannende Geschichte des VEB Zekiwa und der Zekiwa GmbH. Die neuesten Modelle von ZEKIWA finden hier ebenso ihren Platz, wie die „Exoten“ der Sammlung. Sie ist mit mehr als sechshundert Kinder-, Sport- und Puppenwagen einmalig in Europa.
Mit dem Titel Von Naether bis ZEKIWA erleben Sie in einer 45-minütigen Führung die spannende Geschichte der Zeitzer Kinderwagenindustrie.
Für Kinder
Ernst Albert Naether begann hier um 1850 mit der Produktion von Kinderwagen. Später kamen noch allerlei Gefährte aus Holz, später sogar aus Blech, dazu. Zum Beispiel Schlitten und verschiedene Kinderfahrzeuge. Sie hatten damals so klangvolle Namen wie „Bubirad“ und „Sausewind“. Seid also gespannt. Und wenn ihr alles gesehen habt, dann denkt euch Schönes aus oder Lustiges, zum Basteln, Malen oder sogar zum Drucken. Schaut selbst, was unsere fleißigen MitarbeiterInnen für euch bereit halten.
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