Der Dichter Ernst Ortlepp als Musikschriftsteller
Ernst Ortlepp wurde auf den Höhen über dem Tal der Weißen Elster, in Droyßig, am 1. August 1800 geboren. Hier und in Schkölen verbrachte er seine frühe Kindheit. Schon sehr früh war sein musikalisches Talent zu erkennen. Seinem außergewöhnlich guten Orgelspiel verdankte Ortlepp eine Freistelle als Schüler in Schulpforta.
Bereits bei der Beschäftigung mit den poetischen Werken Ortlepps fiel auf, dass dieser Dichter imstande war die oft geheimnisvollen Wirkungen von Klängen auf den Menschen sehr ausdrucksvoll zu beschreiben. Roland Rittig, Vorsitzender der Ortlepp Gesellschaft, sagt über ihn:
„Sein Leben lang hat ihn die Musik begleitet, ohne Musik war für Ortlepp die Welt nicht die Welt: Die Musik war für ihn eine Himmels-, Welt- und Lebensmacht.“
In seinem Gedicht „Germania“, das er 1848 dem ersten deutschen Parlament widmete, sagt Ortlepp das so:
Über die Dokumentation von Manfred Neuhaus
Ortlepps Bedeutung als Musikschriftsteller wurde bislang kaum erforscht. Insofern gleicht die Herausgabe der Dokumentation von Manfred Neuhaus „Musik, Musik, du Echo andrer Welten. Ernst Ortlepp und die Musik“ in der Schriftenreihe der Ernst-Ortlepp-Gesellschaft einer Entdeckung: Ortlepp gehört zu den herausragenden Musikschriftstellern seines Jahrhunderts.
Die Dokumentation folgt Schwerpunkten, einer ist das Zusammentreffen Ernst Ortlepps mit Clara und Robert Schumann. Kaum einer wusste, dass Ernst Ortlepp die frühen Auftritte von Clara Wieck wie kein anderer verfolgt hat. So schrieb er über einen frühen Auftritt von Clara Wieck im „Kometen“: „Eine interessante Abwechselung erhielt das Konzert besonders durch das herrliche Pianofortespiel der elfjährigen Clara Wieck, die uns bei Vortrag eines Rondo`s von Prixis und sehr schwieriger Variationen von Herz abermals einen Grad Fertigkeit, Delicatesse und Kraft zeigte, den wir an einem Kinde von diesem Alter bewundern müssen. … An guten Pianisten ist unsere Zeit sehr reich; um so größer der Ruhm für die Kleine, wenn sie unter so Vielen als ein hervorstrahlender Stern besondere Aufmerksamkeit zu erregen weiß.“
Und bereits ein Jahr später schreibt Ortlepp in der renommierten „Zeitung für die elegante Welt 1832 “ über ein weiteres Konzert der Clara Wieck: „Es gibt einen Wendepunct, wo das Talent plötzlich zum Genie potenzirt erscheint, und dieser ist bei der genannten jungen Künstlerin jetzt eingetreten; sie hat sich über die Stufe des bloßen Talents, auf dem die Mehrzahl lebenslang verharrt, hinaus geschwungen; sie steht als Genie da.“
Weitere Kapitel beschäftigen sich mit Ortlepp und Beethoven sowie den erstaunlich vielen lyrischen Dichtungen Ortlepps, die vertont wurden. Von besonderem Interesse dürfte jedoch die Vorstellung der im 19. Jahrhundert wohl einmaligen und damals viel gelesenen musikalischen Anthologie „Großes Instrumental und Vokal-Concert“ in 16 Bänden sein, die Ortlepp ab 1841 herausgegeben hat. Man findet darin eine Vielzahl biografischer Skizzen aus dem Leben großer Tonkünstler, humoristische Aufsätze und Miscellen, Novellen und Arabesken, dazu merkwürdige historische Notizen und Kuriositäten, Briefe berühmter Tonkünstler, Aphorismen über Musik und eine reiche Auswahl von Anekdoten.
Manfred Neuhaus lieferte mit dieser Dokumentation weitere Bausteine für die Bemühungen um diesen Schriftsteller und die Erforschung der Musikkultur des 19. Jahrhundert. Und er sieht sich wohl einig mit Ernst Ortlepp, der schrieb:
„Die sich nur der Gegenwart ergaben, / Die wird auch ganz die Gegenwart begraben.“
Über den Buchtitel
Die Eule Orgel im Dom St. Peter und Paul zu Zeitz
Im Alter musste Ernst Ortlepp auf Beschluss des Naumburger Kreisgerichts mehrere Monate in der Zeitzer Landarmen und Korrektionsanstalt verbringen. Als Insasse konnte er noch ein eigenes Gedichtbändchen herausbringen, das vor allem Kontrafakturen zu Choraltexten enthielt. Der letzte Text knüpft an Verheißungen an, von welchen man in den letzten Kapiteln der Apokalypse lesen kann.Es wird vermutet, dass Ortlepp auf dieser Orgel spielte.
Foto: Carlo Böttger, Tröglitz