Ein Meisterwerk des Biedermeier
Das Kinderbett mit Lyra-Motiv
Daten zum Glanzstück des Monats Juni
Kinderbett
Künstler: Unbekannt
Entstehungsjahr: 1820-1830
Material: Eschenholz, Kirschbaum
Oberflächenbehandlung: Hochglanz lackiert
Maße: Länge 118 cm, Breite 61 cm, Höhe 117 cm
Erworben: Dezember 2001
Inv. Nr.: V/E-640
Über dieses Glanzstück
Das Bett besteht aus zwei Hauptteilen: einem schalenförmigen Bettkasten, der an eine große Muschel erinnert, und einem kunstvollen Bettgestell in Form einer Lyra. Der obere Teil des Bettes ruht auf einer ovalen, schwarz lackierten Platte, die auf das Lyra-förmige Gestell stützt. Das Gestell steht auf einem zweischichtigen Podest. An den Stellen, wo die Windungen des Gestells in den Podest einmündet, sind schmalen schwarzen Bänder mit Eierstabmuster abgebracht. Der Bettkasten selbst ist längs gestreift und mit Eschenholz furniert, während das Gestell aus Kirschbaum mit schwarzen Akzenten gefertigt ist. Der Oberrand ist mit gewellten Holzstreifen besetzt, was dem Bett eine besondere Eleganz verleiht.
Das Biedermeier-Kinderbett entstand in einer Epoche, die für ihre Vorliebe für Ungezwungenheit und Bequemlichkeit bekannt war. Zwischen dem Wiener Kongress 1815 und der Revolution von 1848 erlebte die Gesellschaft einen Rückzug ins Private, wobei das Interesse an den schönen Künsten, der Musik und dem Handwerk sowie an Naturausflügen und geselligen Salons wuchs. Das Mobiliar der Biedermeierzeit diente weniger repräsentativen Zwecken als vielmehr der geschätzten Gemütlichkeit und Funktionalität. Unser Kinderbett hat eine bequeme Höhe, die es ermöglicht, ein Kind leicht hineinzulegen oder herauszuholen, ohne den Rücken zu belasten. Die klaren und kantigen Formen des Biedermeierstils spiegeln sich in diesem Möbelstück wider. Verzierungen wie Schnitzereien treten in den Hintergrund. Doch genau darin liegt die schlichte Eleganz, die dieses Bett auszeichnet.
Die Möbel dieser Zeit heben sich durch klare Linien und Schlichtheit hervor. Diese Merkmale weisen auf die Veränderungen in im Handwerk und Design hin, was durch die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts verursacht wurde. Die Trends an raumsparende und funktionelle Möbel, die in England entwickelt wurden, verbreiteten sich bald in ganz Europa. Dabei stand die Bequemlichkeit im Vordergrund, gefolgt von kostengünstiger Produktion. Dennoch blieb die Handwerkskunst von hoher Bedeutung, wie unser kunstvoll gefertigtes Kinderbett eindrucksvoll beweist.
Ein besonderes Highlight dieses Bettes ist das kunstvoll geschnitzte Lyra-Motiv. Die Lyra, ein antikes Saiteninstrument, symbolisiert die Verbindung zur klassischen Kunst und Kultur. Solche Motive waren in der Biedermeierzeit, die stark vom Klassizismus beeinflusst war, weit verbreitet. Ausgrabungen in Griechenland und Italien hatten das Interesse an der Antike neu entfacht und prägten die Gestaltung vieler Möbelstücke dieser Epoche. Das Lyra-Motiv erinnert an klassizistische Möbel des 18. Jahrhunderts und in unserer Sammlung finden Sie noch weitere faszinierende Objekte mit solchen Verzierungen. Besuchen Sie unser Museum und entdecken Sie die Schönheit und Kunstfertigkeit der Dauerausstellung „Mobiliar und Kunsthandwerk von der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert“.
Unser Biedermeier-Kinderbett, dessen ursprünglicher Künstler leider unbekannt ist, stellt ein bemerkenswertes Beispiel für die meisterhafte Holzkunst seiner Zeit dar. Diese Epoche ist bekannt für ihre besondere Aufmerksamkeit gegenüber der Produktion von Kinderwagen, Kindermöbeln und Spielzeug. Das sorgfältig gestaltete Kinderbett verkörpert die wachsende Wertschätzung für Kinder und ihre Bedürfnisse in dieser Zeit auf eindrucksvolle Weise.
Text: Xenia Mikhaylov
Fotos: © MSMZ