Elisabethchen
Ein Märchen in Holzschnitten erzählt von Johannes Lebek
Daten zum Glanzstück des Monats Januar
Blockbuch
Handpressendruck, Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig, 30 Exemplare
1933
30 Holzschnitte mit geschnittenem Text
Maße: 256 x 180 x 10 mm
Inv. Nr. (Grafiksammlung des Museums Schloss Moritzburg Zeitz): VI B / 52-1009
Über dieses Glanzstück
Das Märchen „Elisabethchen“ hat Johannes Lebek selbst geschrieben und mit 30 Holzschnitten illustriert. Den Text hat er in einer großen Frakturschrift in den gleichen Druckstock geschnitten wie die Illustrationen. Das Buch nennt man deshalb auch „Blockbuch“. Lebeks Druckstöcke haben alle die gleiche Größe, Bild und Schriftteil variieren auf den Seiten, sie bilden jeweils eine gelungene Einheit und sie ergänzen einander: auf den Illustrationen ist für das betrachtende Auge mehr zu lesen als uns der knappe, wohl formulierte Text mitteilt. Der Holzschnitt wurde von Lebek hier so gebraucht wie zu Zeiten der Anfänge des Hochdrucks in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Das Museum besitzt zwei Bücher des nur im Handpressendruck erschienenen seltenen Buches. Beide haben einen unterschiedlichen Einband. Das hier als „Glanzstück des Monats“ vorgestellte Buch ist in Strohseide (auf Pappe) gebunden. Der Buchdeckel trägt eine kleine schwarz geprägte Vignette, welche Elisabeth mit ihrem Häschen im Arm zeigt.
Ein zweites hat einen farbigen Kleisterpapiereinband mit einem Etikett, darauf ein Holzschnitt mit dem Schriftzug „Johannes Lebek“, einem Stichel, ein Werkzeug für den Kupfer- oder Holzstich, einem Pinsel und einer Malpalette. Ein drittes, wiederum anders gebundenes Buch, befindet sich im Nachlass: Der Pappeinband ist mit beigem gerippten Papier bezogen und zeigt den in Holz geschnittenen Titel „Elisabethchen“ über einem sepiafarben gedruckten Holzschnitt, auf dem wir das Mädchen am Waldesrand mit einem kleinen Hasen sitzen sehen. Dieser ist auch auf der Titelseite im Buch verwendet.
Tochter Elisabeth, Bleistiftzeichnung aus Skizzenbuch, 1937
Alle Bücher hat Lebek selbst gedruckt und gebunden. Sie entstanden während seiner Studienzeit in Leipzig an der Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in der Holzschnittklasse von Professor Hans Alexander Müller, insgesamt 30 Exemplare. Die japanische Bindung ist bei dem hier vorgestellten Exemplar mit einer dunkelbraunen Kordel ausgeführt. Da uns im Lebek-Zentrum drei verschiedene Einbände vorliegen, ist anzunehmen, dass es möglicher Weise noch mehr Einbandvarianten geben könnte. Auch die Papiere der Seiten variieren. Das von mir gewählte Buch wurde auf dünnem Japanpapier gedruckt. Die Seiten sind etwas durchscheinend, der Falz des vorn bedruckten Blattes ist nicht auf der Seite des Buchrückens, sondern rechts. So ist das verwendete dünne naturweiße Japanpapier doppellagig und beim Blättern besser zu fassen. Die Schmutzseite des Handpressendrucks ist innenliegend. Das feine Papier ist empfindlich aber bestens für die einwandfreie Wiedergabe der Feinheiten der Schnitte geeignet und erscheint mir wesentlich edler als die wahrscheinlich holzhaltigen Papiere, die er für den Druck der anderen beiden Exemplare verwendet hat. Dieses Exemplar war stark stockfleckig. Die Papierrestauratorin und Buchbinderin Christina Liebmann aus Raba hat es im Jahr 2004 ohne Honorar restauriert. Sie kannte Lebek persönlich, ihr Vater, der Buchbinder Helms aus Zeitz war Lebeks Freund und Nachbar im Rosenweg. Die japanische Bindung des Buches war leicht zu lösen und die unzähligen kleinen Stockflecke auf allen Seiten haben sich „beim Baden“ aufgelöst. Der Strohseideneinband weist noch alte Stockflecken auf und erzählt noch von dem Schaden, welches das Buch durch Feuchtigkeit erlitten hatte. Das Klima und die Lagerung im neuen Depot des Lebek-Zentrums sorgen nun dafür, dass nicht neuer Schaden entsteht.
Das erzählte Märchen hat mich beim erstmaligen Lesen vor Jahren überrascht. Lebek, der stets das Schöne und Gute zum Thema seiner Arbeiten wählte, trotz schwieriger Zeiten in der Familien- und Weltgeschichte, ist hier auf einem anderen Weg. Er gestaltet ein Märchen, welches nicht gut ausgeht. Die kleine Elisabeth findet ein kleines Häschen und möchte es wieder zu seiner Mutter bringen. Die Hilfe, welche Schnecke, Maus, Igel und Fuchs anbieten, ist eigennützig und falsch. Das Eingreifen einer guten Fee rettet das Häschen schließlich auch nicht. Ein gieriger Zwerg sorgt für ein brutales Ende und verspeist das Hasenkind. Sicher ist die Geschichte ein Spiegel des Geistes seiner Entstehungszeit und Ergebnis des Austausches über „Kunst“ mit seinem Professor und den Studienkollegen an der Akademie in Leipzig.
Das Buch wurde auf der Weltausstellung 1937 in Paris mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. Eine hohe Wertschätzung für Lebeks Idee und Ausführung. Ob das von mir hier favorisierte Buch oder ein anderes ausgezeichnet wurde, ist leider nicht bekannt.
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Lebek nannte seine Geschichte für das Buch wie seine damals noch sehr kleine Tochter Elisabeth (geboren 1932 in Zeitz), die sich später mit ihrem Mann Hubert Wegner außerordentlich um das Werk und den Nachlass ihres Vaters bemühte. Mit Lebek gemeinsam erstellten sie ein Werkverzeichnis, sortierten, ordneten und lagerten die gesamten Drucke und noch vorhanden Druckstöcke, organisierten Ausstellungen und gaben etliche von Johannes Lebek illustrierte Bücher als Privatdruck heraus. Der Schwiegersohn Hubert Wegner druckte per Hand auch mehrere Mappenwerke von Johannes Lebek mit den vorhandenen Originaldruckstöcken, die Lebek mit seiner Signatur autorisierte.
Ab dem Jahr 2004 übergab Elisabeth Wegner, geb. Lebek, den Nachlass ihres Vaters als Depositum an das im gleichen Jahr eröffnete Kunst- und Museumspädagogische Zentrum „Johannes Lebek“ im Museum Schloss Moritzburg Zeitz. Er ist im Magazin des Zentrums, im 1. Obergeschoss des Torhauses der Moritzburg untergebracht. Er wird für Ausstellungen und wissenschaftliche Arbeit genutzt. Viele mehrfach vorhandene Bücher und Drucksachen kann man hier für eine Spende aus dem Nachlass erwerben, u.a. auch Lebeks „Holzschnittfibel“ oder das Buch „Der Holzschneider Johannes Lebek. Leben und Werk“.
In der Druckwerkstatt des Zentrums entstehen seit 20 Jahren auch Holzschnittbücher oder Kalender im Handpressendruck. Meist Zeitzer Kinder machen und drucken hier ihre eigenen Holzschnitte zur Stadt- und Schlossgeschichte, zu Schülertexten oder Zeitzer Sagen. Sie binden auch oft ihre eigenen Bücher selbst – nach Lebeks Vorbild.