„Die Holzschnittfibel“
von Johannes Lebek
Daten zum Glanzstück des Monats Januar
Buch
Johannes Lebek
„Die Holzschnittfibel“
Dresden, Verlag der Kunst 1962, 70 Seiten
Text und Illustrationen von Johannes Lebek
41 Holzschnitte, 1 Titelvignette, 1 Holzschnitt mit geschnittener Schrift auf dem festen Bucheinband (Pappe mit dem Titelholzdruck-Papier bezogen)
Fadenbindung
Maße: 19,2 x 12,5 x 0,9 cm
Inv. Nr.: IX – 4855
Über dieses Glanzstück
Ein kleines handliches Buch soll hier zu Ehren kommen. Es beinhaltet eine voll umfängliche praktische Anleitung für Laien oder Kunststudierende, die einen Holzschnitt oder Holzstich selbst machen wollen. Verfasst und illustriert von Johannes Lebek in den Jahren 1957 / 58, der damals schon fast 30 Jahre als Holzschneider künstlerisch tätig gewesen war. Seinen Erfahrungsschatz teilt er in übersichtlichen Kapiteln in einfacher deutlicher Sprache mit. Das Besondere ist, dass alle Beispielbilder und erklärenden Abbildungen selbst Holzschnitte und Holzstiche sind, die er für das Buch geschnitten hat.
In den Jahren 1954 bis 1958 war Lebek als Leiter der Holzschnitt-Werkstatt in der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig tätig, dort wo er selbst in den 30iger Jahren einige Jahre studiert hatte.
Der Kunsthistoriker Rainer Behrends schreibt 2004 zur Geschichte des Buches: „Angeregt hatte die Entstehung der ,Holzschnittfibel´ Professor Albert Kapr, Leiter des Instituts für Buchgestaltung der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Veröffentlicht wurde das Werk allerdings nicht als bibliophiler Druck dieses Institutes, denn zum 31.3.1958 wurde Lebek von der Hochschule entlassen. Nahezu fünf Jahre wanderte das unvollendete Manuskript von Verlag zu Verlag, bis es endlich 1962 im Verlag der Kunst Dresden innerhalb der Reihe ,Elementarwerke zu Techniken und Geschichte der Kunst´ veröffentlicht wurde.“
Das folgende Kapitel gibt Hilfestellung bei der ersten wichtigen Entscheidung: die Auswahl des Holzes bestimmt schon einen Teil der Ausdrucksmöglichkeiten. Lebek stellt verschiedene Holzarten mit ihren Eignungen vor. Beispiele für Lang- und Hirnholzschnitt und verschiedenste Schnittbeispiele beeindrucken, weil er die Werkzeuge und das Holz jeweils auf andere Weise seinem Gestaltungswillen unterordnen kann und ihm viele „Handschriften“ geläufig sind.
Ausführlich beschreibt Lebek die handwerkliche Vorbereitung des Holzes, das Verleimen, Hobeln, Schleifen. Er als gelernter Tischler kann viele praktische Tipps erteilen. Der Holzschnitt mit den arbeitenden Händen zwischen den gelockten Hobelspänen wirkt liebevoll verspielt. Einige Male noch tauchen Vignetten mit Verrichtungen auf, bei denen sich der Blick nur auf die tätigen Hände richtet.
Auch rein technische Abbildungen führt Lebek als Holzschnitt aus. Andere, stillebenartige zeigen Werkzeuge und Utensilien z.B. für das Drucken. Der Holzschnitt mit den Druckpressen wird später als Titelholzschnitt für die 2. Auflage des Buches verwendet, welche 1991 im Verlag der Kunst Dresden erschienen ist.
Der fast quadratische Holzschnitt für den Einband zeigt in wirkungsvollem Schwarz- Weiß schon das ganze Thema. Links geht er über den Buchrücken hinaus auf das erste Drittel der Rückseite des Buches. Man sieht ein frisch bedrucktes Papier, halb hochgewölbt zeigt es den Titel „Holzschnittfibel“ mit Stichel und Kerbschnitzmesser. Zur Hälfte klebt es noch auf dem Druckstock, auf dem man die Spiegelung von Motiv und Titel sieht, seitenverkehrt. Das Papierweiß auf zwei Dritteln der Rückseite gehört mit zur überzeugenden Schwarz-Weiß-Komposition für die Buchdeckel. Auf dem Buchrücken ist der Buchtitel noch einmal oben platziert. Der Entwurf für den Hartcovereinband ist im Nachlass des Künstlers, im Depositum „Hubert und Elisabeth“ vorhanden. Zwei Manuskripte und 40 Druckstöcke befinden sich im Besitz des Buch- und Schriftmuseums in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig.
Einem kurzen geschichtlichen Abriss in der Einleitung des Buches folgt ein Kapitel zum „Künstlerischen Holzschnitt“. Lebek schreibt darin: „Der Künstler, der heute Messer und Holz für seine Arbeit bevorzugt, könnte ebenso eine andere Technik, wie Radierung oder Lithografie, verwenden, aber er will in seinem Fall die Wirkungen erreichen, die ihm nur der Holzschnitt bietet, und je nach Inhalt des Werkes und künstlerischem Temperament wird er für seine Probleme eine der vielen Lösungen wählen, die der Holzschnitt zuläßt“. Das war ja nicht immer so. Im 15. Jahrhundert am Anfang der Geschichte der Druckkunst war der Holzschnitt die einzige Wahl und im 18. Jahrhundert war er oft nur Reproduktionstechnik (Xylografie) für andere Kunstwerke. Erst ab Ende des 19. Jahrhunderts erfährt der Holzschnitt als Druckkunst seine 2. Blüte. Bekannt und berühmt sind beispielsweise die Holzschnitt-Mappenwerke und Plakate der Expressionisten.
Eine letzte Gruppe von Illustrationen zeigt kleine erzählerische Szenen mit jungen Kunstschaffenden.
Nicht jedes Kapitel soll hier aufgezählt werden, Lebek befasst sich mit allen Hochdrucktechniken in seinem Werk, auch mit Linolschnitt, Blei- und Metallschnitt. Ein Sachwortregister befindet sich im Anhang. Trotzdem ist das Werk nicht ausufernd, sondern klar und verständlich.
Wie ursprünglich beabsichtigt, hat das Buch einen großen praktischen Nutzen, Umfang und Format tragen dazu bei. Es ist gut auch in der Werkstatt zu gebrauchen und ja! es findet seit vielen Jahren im Lebek-Zentrum in Holzschnittkursen Anwendung.
Interessierte können Exemplare der 2. Auflage auch für eine Spende hier erwerben oder sich für einen Holzschnittkurs anmelden.
Text, Scans und Fotos: Ulrike Trummer / © MSMZ