Getas
Zehentrenner made in Japan
Daten zum Glanzstück des Monats Juli
Ein Paar Holzstelzsandalen „normale Geta“, gebraucht
zweiteilig
Ende 20. Jahrhundert
Länge 23 cm; Höhe 5,4 cm; Breite 7,5 bis 8 cm (Europ. Größe 36)
Inv.Nr. V/H – 4850 a, b
Provenienz: Gastgeschenk der Partnerstadt, 2004
Herkunft: Tosu, Japan
Ersterfassung: 10. Mai 2021
Ein Paar Holzstelzsandale „Pokkuri“, gebraucht
zweiteilig
Ende 20. Jahrhundert
Länge 23 cm; Höhe 7 cm; Breite 8,5 cm (Europ. Größe 36)
Inv.Nr. V/H – 4851 a, b
Provenienz: Gastgeschenk der Partnerstadt, 2004
Herkunft: Tosu, Japan
Ersterfassung: 10. Mai 2021
Über dieses Glanzstück
Ob nasse oder schmutzige Füße, niemand mag das. Um einem solchen Umstand zu entkommen, haben sich bereits vor Jahrhunderten in den unterschiedlichen Kulturen rund um den Globus, parallel zum Schuh, entweder sogenannte Überschuhe oder ganz spezielle Schuharten entwickelt. Gemeinsam haben sie alle eine hervorgehobene und allgemein emporhebende Funktionalität: Sie bescheren ihrem Träger trockene und saubere Füße und lassen ihn über der Straße laufen. In Syrien wurden diese Sockelschuhe „Nalins“ oder „Kab-Kabs“ genannt, in Italien „Chopino“, in Frankreich „Chopine“, im mittelalterlichen Europa entstand der Name „Trippe“ und seit der Antike kennt man dieses Plateauschuhwerk in Griechenland als Kothurne. In Japan heißen diese Schuhe „Geta“ und es sind einfache Holzstelzsandalen. Typisch für diese sind ihre hohen Sohlen und zumeist werden sie mit traditioneller Kleidung wie z. B. mit einem Kimono getragen. Diese Sandale gibt es in unterschiedlichen Varianten: Ashida, Yama-geta, Yoshiwara-Geta, Pokkuri-Geta, Robō, Yanagi-Geta, Ba-geta, Koma-geta, Kiri-Geta, Odawara-Geta und Ipponba-geta. Sie unterscheiden sich u. a. in Aussehen z. B. Höhe und Farbe des Plateaus, Herkunft, in Trockenwetter- oder Regenschuhwerk und in den verwendeten Holzarten. Traditionell werden die Getas mit Tabis – japanischen Zehensocken getragen. Bevorzugt werden für die Herstellung der Schuhe ganz unterschiedliche Holzarten. Den Vorzug bekommen die Sicheltanne und die Weide, aber auch das Holz des Blauglockenbaums wird für Absätze und Plateau verwendet. Ist die Sohle z. B. aus Magnolie handelt es sich um einen sehr edlen und teuren Schuh.
Unser erstes Paar sind gewöhnliche Getas. Auf dem hölzernen Fußbett, auch Sockel oder Plateau genannt, ist ein doppelter Riemen aus Bambusfaser so befestigt, dass er, zwischen der ersten und zweiten Zehe, dem Fuß Halt bietet. Das Fußbett selbst ruht auf einer zweigeteilten, ebenfalls hölzernen Sohle mit Absatz, jeweils schwarz bzw. braun lackiert. Im Japanischen werden diese Absätze als Zähne bezeichnet. Auf dem Absatz sind japanische Schriftzeichen zu erkennen. Bei dieser Geta-Variante mit zwei Querstegen als Aufstand wird durch die Kürze der gesamten Stehfläche ein sicheres Abrollen des Fußes samt Schuh ermöglicht. Die Lücke zwischen den Stegen vermindert das Gewicht des Schuhs, erhöht aber zugleich die Präzision des Schuhs beim Laufen.
Unser zweites Paar sind sogenannte Pokkuri-Geta. Diese sind ganz besondere Holzschuhe. Sie wurden ursprünglich von Kurtisanen aus dem Bordellviertel Yoshiwara und Shimabara getragen. Auch Lehrgeishas, den sogenannten Maikos, trugen während ihrer Ausbildung jene Variante. Sie wird heute noch oft von jungen Mädchen getragen. Pokkuri-Geta sind recht hoch, an der Unterseite lackiert, gelegentlich auch mit Tatami (Reisstroh) bezogen. Sie werden auch als Okobo, Koppori und Kobokobo bezeichnet. Ihr Name kommt vermutlich vom klackenden Laufgeräusch oder vom alternativen Wort Bokuri für „Holzschuh“.
Die hohen schwarz-roten Holzsandalen erinnern an Plateauschuhe. Der Absatz verjüngt sich nach vorn. Als Materialien wurden gefärbter Samt bzw. ein Bambusfaserstoff für die Riemen, für das Fußbett und den Absatz Holz verwendet. Die Unterseiten sind typisch für Pokkuri-Getas mehrfach schwarz lackiert. Die Schuhe weisen Gebrauchsspuren auf.
Die Schuhe sind Teil von Gastgeschenken der japanischen Stadt Tosu, im Osten der Präfektur Saga auf Japans südlicher Hauptinsel Kyūshū gelegen. 2004 kam eine Delegation zur Landesgartenschau nach Zeitz. Ihnen wurde auch eine Ausstellung und eine „Japanische Woche“ damals im Museum Schloss Moritzburg gewidmet. Die Freundschaft zwischen den beiden Städten besteht seit 1999, seit 2012 ist es eine offizielle Städtepartnerschaft. Die Gastgeschenke an die Stadt Zeitz sind Teil der musealen Sammlung „Stadtgeschichte“.
Text: Carmen Sengewald / Fotos: Carmen Sengewald, Nadine Neumann © MSMZ