Kreutterbuch
von Pietro Andrea Mattioli
Das Kreutterbuch des Pietro Andrea Mattioli, überarbeitet, illustriert und herausgegeben von Joachim Camerarius in Frankfurt am Main 1627, gilt als bedeutendes medizinisch-botanisches Grundlagenwerk seiner Zeit.
Es basiert auf der Materia medica des Dioscurides. Diese seit dem 6. Jahrhundert in lateinischen Abschriften überlieferte Arzneimittellehre übertrug Mattioli ins Italienische. 1544 veröffentlichte er seine Übersetzung mit einem umfangreichen eigenen, ebenfalls italienischsprachigen Kommentar; in dieser ersten Ausgabe noch ohne Abbildungen. 1548 erschien eine zweite, um ein sechstes Buch über die Antidote erweiterte Ausgabe; 1550 und 1551 eine dritte, nochmals erweiterte Ausgabe.
1554 veröffentlichte Mattioli dann unter dem Titel Commentarii in sex libros Pedacii Dioscoridis eine vollständig überarbeitete lateinische Fassung seines Kommentars. Ausgestattet war diese Ausgabe erstmals auch mit 563 Holzschnitten, die dann ab der vierten italienischen Ausgabe von 1555 auch in deren Neuauflagen übernommen wurden.
Dank der finanziellen Unterstützung der Habsburger erschienen zwei Prachtausgaben in der Prager Offizin von Georg Melantrich von Aventin, die eine von Thaddäus Hajek aus dem Lateinischen übertragen ins Tschechische (1562), die andere aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt von Georg Handsch (Neuw Kreütterbuch, 1563). Aufgrund der großen Nachfrage gab Joachim Camerarius der Jüngere später die Hand’sche Übertragung noch einmal in einer neuen Bearbeitung heraus (Kreutterbuch. Frankfurt am Main 1586), teilweise ergänzt durch Abbildungen aus dem Nachlass Conrad Gessners.
Mattioli beschrieb eine Reihe von Arten, die in den Kräuterbüchern der Väter der Botanik (Otto Brunfels – Hieronymus Bock – Leonhart Fuchs) nicht enthalten sind. So beschrieb er als einer der ersten im Jahre 1544 die aus Amerika eingeführte Tomate und bezeichnete die gelben Formen als „mala aurea“, „goldene Äpfel“. Auch die erste Abbildung der Rosskastanie in einem europäischen Kräuterbuch stammt von ihm.
Mattiolis Werk war außerordentlich erfolgreich; es wurden mehr als 60 Ausgaben gedruckt. Giuseppe Moretti (1782 – 1853) besaß 40 verschiedene Ausgaben und konnte 21 weitere in Bibliotheken konsultieren. Allein in der Zeit bis 1563 sollen laut Peter Handsch über 32.000 Exemplare verkauft worden sein.
Restaurierung
1996 befand sich unser Exemplar in stark restaurierungsbedürftigem Zustand: Einband und Papier waren stark angegriffen und Pilze hatten das ganze Buch befallen. Die Firma „Bucheinband exquisit GmbH“ Leipzig restaurierte das kulturhistorisch wertvolle Werk. Die Kosten in Höhe von 8.000 DM konnte das Museum 1996 noch aus dem eigenen Haushalt aufbringen.
Pietro Mattioli
Pietro Andrea Gregorio Mattioli, lat. Petrus Andreas Matthiolus (* März 1500 oder 1501 in Siena, † 1577 in Trient), war ein italienischer Arzt und Botaniker sowie Leibarzt des Erzherzogs Ferdinand II. und des Kaisers Maximilian II.
Pietro Mattioli war der Sohn eines praktischen Arztes und verlebte seine Jugend in Venedig. Er absolvierte in Padua zunächst an der Artistenfakultät die Vorbereitung für ein Studium der Jurisprudenz, entschied sich dann jedoch für die Medizin. 1523 wurde er in Medizin promoviert. Zwischen 1521 und 1527 praktizierte er in Rom. In diese Zeit fallen auch seine ersten Studien zur Botanik.
1527 trat Mattioli in die Dienste des Kardinals und Bischofs von Trient, Bernhard von Cles. In den Südalpen erwarb er seine immense Kenntnis der Alpenflora. 1577 fiel Mattioli in Trient einer Pestepidemie zum Opfer. Sein Grabdenkmal befindet sich im Dom von Trient.
Mattioli war nicht nur Verfasser fachmedizinischer Schriften, sondern ein Vertreter des volkssprachlichen Renaissance-Humanismus, der durch die Übersetzung wissenschaftlicher Werke aus dem Griechischen und Lateinischen gelehrtes Wissen in seiner Muttersprache popularisierte und dadurch zugleich deren Vokabular und wissenschaftliche Ausdrucksmöglichkeiten erweiterte.
Text: Kristin Otto
Das Kreutterbuch gehört zum Bestand unserer Museumsbibliothek, in der sich noch weitere bibliophile Kostbarkeiten aus dem 16. und 17. Jahrhundert befinden. Die Ernst-Ortlepp-Bibliothek, eine regionalwissenschaftliche Präsenzbibliothek mit ca. 36.000 Büchern, ist eine der größten Museumsbibliotheken in Sachsen-Anhalt.