Ein Gartenreich für den Herzog
Der Kupferstich des hochfürstlich sächsischen Schlosses Moritzburg an der Elster. Anno 1725.
Daten zum Glanzstück des Monats April
Künstler: Johann Georg Schreiber
Entstehungsjahr: 1725
Technik: Kupferstich
Maße: 36 x 49 cm
Inv. Nr.: VI/b 52 – 121
Über dieses Glanzstück
Im Auftrag des Herzogs Moritz Wilhelm erstellte der Kartograph Johann Georg Schreiber 1725 eine eindrucksvolle Vogelperspektive von dem barocken Schloss Moritzburg an der Elster. Diese detailreiche Darstellung umfasst nicht nur das majestätische dreiflügelige Hauptgebäude des barocken Schlosses, sondern auch die umliegenden Anlagen wie das Torhaus und die Schlosskirche. Zudem wurde rings um die Moritzburg eine aufwendige Gartenanlage errichtet, denn diese galt im Barock als essentieller Bestandteil einer standesgemäßen Residenz.
Das Schloss Moritzburg befindet sich mit seinem dreiflügeligen Hauptgebäude (1) im Zentrum des Kupferstichs. Zudem ist das Torhaus (3) mit den Kasematten, den Nebengebäuden wie dem Marstall (4) und der Schlosskirche (2) sowie der bereits bestehende Johannisteich (11), im Hintergrund des Kupferstichs, erkennbar. Die Residenz ist umgeben von Graben- und Wehranlagen, wobei einige davon bereits aus dem 15. Jahrhundert stammen. Nach der kirchlichen Weihe am 1. Mai 1664 folgte die Errichtung weiterer höfischer Anlagen, darunter auch ein prachtvoller Garten, welcher ebenfalls auf dem Kupferstich verzeichnet wurde.
Der Garten der Herzöge von Sachsen-Zeitz, wie er 1725 in dem Kupferstich von Johann Georg Schreiber festgehalten wurde, erstreckte sich westlich und nördlich des Schlosses auf breiten Parterres an der Elster entlang. Der Plan verdeutlicht, dass sich unmittelbar neben dem Schloss der Küchengarten (14) des Herzogs sowie das Schlacht-, Gärtner- und Waschhaus (13) befand. Der östliche Teil beherbergte einen großzügig angelegten Baumgarten. Im Norden des Schlosses befand sich der herzogliche Lustgarten (12).
Die Bedeutung eines herzoglichen „Lust-Gartens“ als integraler Bestandteil einer standesgemäßen Residenz wird aus zahlreichen Quellen deutlich. Besonders herausragend war dabei die hohe Stellung der Gartenanlagen, welche ein fester Teil des Besuchsprogramms junger Fürstensöhne auf Kavalierstour waren. Mit dem Einzug des Herzogs Moritz von Sachsen-Zeitz und seiner Familie ist unmittelbar darauf der fürstliche Lustgarten entstanden, welcher nach dem Versailler Modell gestaltet wurde.
Der Barockgarten, beeinflusst vom Vorbild des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. und dessen prachtvollem Schloss Versailles, zeichnet sich durch eine streng geometrische Gliederung aus. Gerade, rechtwinklige und parallele Achsen, die in regelmäßigen Abständen zueinanderstehen und in die umgebende Landschaft integriert sind, prägen das Gesamtbild. Symmetrie und Regelmäßigkeit galten als oberstes Gebot, wodurch der Herzog die Natur zu kontrollieren vermochte. Charakteristische Elemente des Barockgartens waren Grotten, Kanäle, Brunnen, Wasserspiele und Treppenanlagen.
Als optimaler Standort für einen Lustgarten erwies sich das nördliche Terrain des Gartenareals, welches bereits vor Herzog Moritz‘ Einzug landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzt wurde. Quellen deuten auf ein Wäldchen, möglicherweise ein Vorratshaus, sowie zwei Brücken über den Mühlgraben (15) hin, die beide Gebiete miteinander verbanden. Die im Jahr 1665 angelegte Allee war auf den herrschaftlichen Pavillon im Zentrum ausgerichtet und bildete die Hauptachse des gesamten Lustgartens. Im östlichen Teil, wie noch auf dem Plan erkennbar, reichte dieser bis zur Straße nach Leipzig und den angrenzenden Siedlungen, wobei nur der „vordere“ Teil Zugänge hatte. Südlich dieser Achse befanden sich der gärtnerisch besonders aufwendig gestaltete Bereich. Weiter westlich belegen Quellen, dass sich zusätzliche Teiche, vermutlich zur Bewässerung der Gärten, befunden haben. Nördlich der Hauptachse des Lustgartens schloss sich ein Gewächshaus an, das bis ins 18. Jahrhundert fortbestand. Den Abschluss der Anlage bildete ein rechteckig gestaltetes Areal mit Reithaus und Reitbahn. Dadurch war der Lustgarten des Herzogs direkt mit der höfischen Reitbahn verbunden, was auf eine räumliche Integration verschiedener fürstlicher Freizeitaktivitäten hinweist.
Durch das Kultivieren von seltenen Pflanzen strebten Fürsten nach einem Alleinstellungsmerkmal, sei es durch eine einzelne außergewöhnliche Pflanze oder eine vielfältige Auswahl. Dabei dienten prestigeträchtige Gärten aus italienischen oder niederländischen Regionen als Vorbild, aus welchen sogar spezielle Pflanzen für die Fürsten importiert wurden. Besonders Zitruspflanzen sollten nicht nur zu einer repräsentativen Außenwirkung des Gartens, sondern auch des Gartenbesitzers beitragen. Trotzdem lag der Schwerpunkt auf heimischen Pflanzen, die wir heute noch kennen. Zwischen Bäumen und Wiesen wurden Kirschalleen, Kohlbeete, Fruchtgärten und Obstbäume angelegt.
Da exotische Gewächse Wärme lieben und bei Herbstfrösten ins Warme gebracht werden müssen, ließ der Herzog sie in ein beheizbares Gebäude bringen. Bereits um das Jahr 1680 war eine Orangerie für solche Exoten im Lustgarten vorhanden. Später, unter der Regentschaft des Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz, wurde die Orangerie (5) aus dem Lustgarten im Norden des Schlosses ausgelagert. Unter der Leitung der Herzogin Maria Amalia entstand dafür im südlichen Teil der Gartenanlage ein neuer Bau, welcher ebenfalls auf dem Kupferstich eingezeichnet ist. Direkt hinter der Orangerie, an der Allee entlang hinein in den Garten, wurde zeitgleich zu der Orangerie das „Grüne Lusthaus“ (6) Maria Amalias errichtet.
Text: Nadine Neumann
Reproduktionen: © MSMZ / Stadt Zeitz
Literatur:
- Autorenkollektiv (2007): Barocke Fürstenresidenzen an Saale, Unstrut und Elster. Petersberg.
- Juranek, Christian (2006): Gärtnerische Wäldchen. Museen und Gartenkunst des 18. Jahrhunderts in Sachsen-Anhalt. Dößel.
Der Plan zeigt deutlich, dass die geplante Trennung des Gartens vom Residenzschloss, aufgrund der 1664 modernisierten Befestigungsanlagen, weiterhin gewünscht war. Demnach war eine unmittelbare Verbindung zwischen Schloss und Garten nicht möglich. Zudem ist der genaue Zeitpunkt der Entstehung des Schloss- bzw. Lustgartens, aufgrund der dünn gesäten Quellenlage, unsicher. Erst in einem Bericht von Christian Gottlieb Liebner, rund 150 Jahre nach den Ereignissen, findet sich die Information, dass bereits um 1664 ein Lustgarten existiert haben soll.
Insgesamt verdeutlichen die übereinstimmenden Gestaltungsmerkmale der Residenzschlösser und ihrer Gärten, die kulturelle Entwicklung und den gesellschaftlichen Wandel, während der Zeit des Barock. Die Anlagen wurden zu bedeutenden Elementen der Hofkultur und repräsentierten nicht nur die ästhetische Raffinesse, sondern auch die Macht und den Status der herrschenden Klasse. Der barocke Garten war somit nicht nur ein Ort der Erholung, sondern vor allem ein Statement des jeweiligen Regenten. Zudem handelt es sich bei dem Kupferstich bis heute um die einzige uns bekannte zeitgenössische bildliche Darstellung des fürstlichen (Lust-) Gartens in Zeitz.
Zu Ostern 2024 startet der Schlosspark Moritzburg Zeitz, in welchem auch heute noch Teile des ehemaligen Gartens erkennbar sind, regulär in die nächste Saison.