Fatschenkind
19. Jahrhundert, Süddeutschland
Aber auch Novizinnen erhielten sie als Geschenk bei ihrem Eintritt in einen Orden. Sie sollten die persönliche Frömmigkeit fördern; in der kargen Klosterzelle aufgestellt, milderten sie wohl auch die Einsamkeit ein wenig – jedenfalls erhielten sie den Beinamen „Trösterlein“.
Darstellungen des Jesuskindes als Wickelkind sind in der christlichen Ikonografie weit verbreitet. Einmal sensibilisiert, begegnen sie einem allerorten – so zum Beispiel auch als Backform für Gebildbrote wie in unserer Sammlung.
Text: Kristin Otto
Fotos: Carlo Böttger / © MSMZ
Über dieses Glanzstück
Fatschenkinder sind Darstellungen des Jesuskindes. Meist ist das Köpfchen aus Wachs oder Ton modelliert. Der Körper ist mit bestickten Bändern, Papierstreifen und Spitzen eng umwickelt. Daher kommt auch die Bezeichnung „Fatschenkind“: „Fatschen“ bedeutet „einbinden, eng wickeln“; im Wortstamm ist das lateinische „fascis“, Bündel, noch erkennbar.
In unserer Kinderwagenausstellung dient das Püppchen zur Demonstration des „Wickelns“ der Neugeborenen in Stoffbänder und Tücher, das im deutschsprachigen Raum bis ins 19. Jahrhundert praktiziert wurde.
Fatschenkinder wurden oft in Glaskästchen gebettet, hübsch auf ein Kissen, die dann aufwändig mit Papierblüten, Borten und anderem Zierrat ausgestattet wurden. Häufig entstanden sie als Klosterarbeiten.
Als Darstellungen des Jesuskindes dienten die Fatschenkinder der Andacht und wurden zur Weihnachtszeit in den Herrgottswinkeln der Häuser aufgestellt.
Unser Fatschenkindlein hat Julia Schleicher, Bildhauerin aus Halle, zu ganz eigenen, modernen Interpretationen dieses alten Motives inspiriert – bis 28. November zu sehen in der Sonderausstellung „FATSCHEN“.