Bürgerrecht & Bürgerpflicht
Die Zeitzer Braubürger
Auf dem Gemälde von Lucas Eberth treten uns auf dem Zeitzer Marktplatz zehn ehrbare Bürger in Wehr und Waffen gegenüber. Sie unterscheiden sich in Alter, Kleidung, Rüstung und mitgeführter Bewaffnung. Der Maler hat sie zudem in Gruppen zusammengestellt und mit Erläuterungen versehen. Im Hintergrund sehen wir eine der ältesten Darstellungen des 1501 erbauten Zeitzer Rathauses.
Was hat es mit diesem Gemälde auf sich?
Ein Artikel aus dem Jahr 1938 (Die Mark Zeitz, Nr. 201/202, 1938, S. 405 ff.) gibt Auskunft darüber, dass der Rat der Stadt den Maler Lucas Eberth dieses Bild fertigen ließ, „um den Besitzern der brauberechtigten Häuser ihre Pflicht hinsichtlich der Haltung bestimmter Waffen… vor Augen zu führen…“.
Die Zeitzer Bürger waren zur Verteidigung der Stadt verpflichtet. Sie mussten die Stadtbefestigung erhalten helfen, Rüstung und Waffen anschaffen und einsatzbereit halten. Art und Umfang der Bewaffnung aber waren an ihre Braurechte gebunden.
Das Braurecht wiederum hing vom Wert ihres Grund- bzw. Hausbesitzes in der Stadt ab: Wer ein Haus besaß und dafür jährlich mindestens 10 Mark Steuern zahlte, bekam die Genehmigung, ein „Gebräude“ Bier zu brauen. Das waren um 1457 etwa 4.000 Liter. Bier war gleichermaßen Volksgetränk und Grundnahrungsmittel. Seit 1452 zwang die „Biermeile“ zudem jeden, der im Umkreis einer Meile um Zeitz wohnte, seinen Bierbedarf in der Stadt zu decken. Der Lagerung des Jungbieres dienten die Gewölbekeller unter den Bürgerhäusern, die heute besichtigt werden können („Unterirdisches Zeitz“). Der benötigte Hopfen wurde in und um Zeitz angebaut.
Lucas Eberth
Öl auf Holz
1576
48 x 263,5 cm
An der Spitze des Schützenzuges schreitet unter der Bezeichnung „Gastwirth, Brauhäuser und 3 Bier“ ein wohlhabender Bürger in Stahlrüstung mit Panzer, Eisenschuhen und Beinschienen. Seine Handbüchse und den stählernen Helm trägt er auf dem Rücken, über seiner rechten Schulter einen langen Spieß.
Der mit „2 Bier“ bezeichnete Bürger folgt in ebenso schwerer Rüstung – die Arme mit Kettengeflecht bedeckt –, führt aber nur einen langen Spieß mit sich.
Auf Pauker und Fahnenträger folgt unter der Bezeichnung „Handwerckshacken und 1 Bier“ ein Bürger ohne Rüstung, mit einem Helm und geschulterter Hakenbüchse. Ein Zeitzer Bürger, der ein halbes Gebräude brauen durfte („½ Bier“), ausgerüstet mit Kettenkragen, Eisenhut und einer Hellebarde und ein Mann mit Helm und Spieß beschließen den Zug. Die Bezeichnung „20 Neuschock“ gibt Auskunft über die ihm jährlich auferlegte Steuerlast.
Bereits 1457 hatte Bischof Peter von Schleinitz festgelegt, welche Waffen und Rüstung jeder Brauberechtigte zur Verteidigung der Stadt bereit zu halten hatte (Ebd., S. 411 f.):
- Jeder Bürger, der berechtigt war, jährlich ein Gebräude Bier zu brauen, musste bei der Musterung einen Eisenpanzer, einen Eisenhut, zwei Blechhandschuhe, einen eisernen „Schlegel“ und eine Jacke vorweisen können.
- Wem zwei Gebräude Bier zustanden, der musste einen Panzer, eine Armbrust mit zwölf Pfeilen, eine Handbüchse mit zwölf Ladungen, einen guten Eisenhut und einen Brustpanzer mit zwei Blechhandschuhen haben.
- Jeder Bürger, der jährlich drei Gebräude Bier brauen durfte, der musste einen Stahlpanzer, einen Stahlhut, eine Brust, zwei Blechhandschuhe, eine gute Armbrust mit zwölf Pfeilen und eine Handbüchse mit zwölf Schuss Munition vorhalten, ebenso die Wirte von Gast- und Brauhäusern.
„Auch zum Halten von Feuerhaken, Spritzen und ledernen Eimern waren die ,Bierbürger‘ verpflichtet, und … so war mit der Brauberechtigung die Wehrpflicht gegen alle Not und Gefahr von innen wie außen verbunden.“ (Ebd.)
Text: Kristin Otto
Fotos: Carlo Böttger / ©MSMZ
Eine Stadtbefestigung ist seit dem 13. Jahrhundert bezeugt, 1238 und 1259 stritten Bischof und Markgraf um das Befestigungsrecht. 1517 bis 1539 wurden die Wehranlagen erneuert. Die sechs Stadttore wurden im 19. Jahrhundert abgebrochen.
Die Stadt Zeitz im Mittelalter
Die Stadt Zeitz entstand nahe einer günstigen Elsterfurt am Kreuzungspunkt bedeutender Handelsstraßen aus vorgeschichtlicher Zeit und im Schutz einer sächsischen Königsburg. Hier entwickelte sich vermutlich schon im 10. Jahrhundert eine Handwerker- und Händlersiedlung, die spätere Unterstadt. Der Markt dieser Siedlung war der Brühl, der in einer Urkunde aus dem Jahr 1262 als „Markt von alters her, und zwar von der Gründung der Stadt selbst“ bezeichnet wird. Die Jakobskirche (1079 durch Wiprecht von Groitzsch niedergebrannt) diente den Siedlern als Kirche; 1147 wird die Nikolaikirche erstmals erwähnt, die bis zu ihrem Abriss (1823) die Pfarrkirche der Unterstadt blieb.
Mit Gründung des Bistums entstand im 10. Jahrhundert östlich vor der Burg die sogenannte Domfreiheit (Domimmunität), in der die Domherren wohnten. Bischofsburg und Domfreiheit waren über das gesamte Mittelalter hinweg durch eine Mauer von der Stadt Zeitz getrennt.
Noch vor der Mitte des 12. Jahrhunderts wurde die Zeitzer Oberstadt um einen großen Marktplatz herum planmäßig angelegt. Die 1154 erstmals erwähnte Michaeliskirche war die Pfarrkirche der Oberstadt. 1152 werden der Zoll auf dem Markt und der Zoll auf der Elsterbrücke erstmals erwähnt. In der Mitte des Marktplatzes stand das Gewandhaus, eine überdachte und abschließbare Markthalle, die vor allem dem für Zeitz wichtigen Tuchhandel diente.
Weitere Informationen zur Stadtgeschichte
Von besonderer Bedeutung war der Fernhandel. Die Stadtordnung Bischof Heinrichs von 1322, das sogenannte Eidgeschoss, regelt neben der Grund- und Vermögenssteuer auch die Abgaben für den Verkauf von Waren auf dem Zeitzer Markt. Neben Wein aus Italien, dem Elsass, Österreich und Würzburg werden hier auch Tuche verschiedener Qualität aus Ypern, Poperingen, Maastricht, Trier, Köln, Friedeberg, Angermünde, Stendal, Görlitz, Naumburg und Zeitz genannt.
Zeitz war bis in das 16. Jahrhundert eine Ackerbürgerstadt. Das Türkensteuerregister aus dem Jahr 1542 gibt uns einen detaillierten Einblick in die Besitzverhältnisse der Zeitzer Bürger. Das Verzeichnis zählt 417 Haushalte. Das lässt auf eine Einwohnerzahl von ca. 1.670 Männern, Frauen und Kindern schließen. Hinzu kamen noch ca. 150 Angehörige des geistlichen Standes.
Von den angeführten 363 versteuerten Wohngebäuden werden 120 als „Haus und Hof“ bezeichnet. Auf die verzeichneten 417 Haushalte entfallen 409 Äcker, 117 Gärten, 44 Weinberge und 8 Wiesen in der Stadt und ihrer unmittelbaren Umgebung. Der Viehbestand beläuft sich auf 335 Kühe, 296 Schweine, 47 Ziegen und 101 Schafe. Die landwirtschaftliche Selbstversorgung bildete die Lebensgrundlage des größten Teils der Zeitzer Bevölkerung. Möglichkeiten zum Gelderwerb boten Handel, handwerkliche Arbeit und Braurecht; zudem sind bis in das 16. Jahrhundert in Zeitz zwei Jahrmärkte bezeugt, 1593 wird ein dritter bewilligt.
Um 1550 war die Stadt zu Verwaltungszwecken in vier Stadtviertel eingeteilt: Altmarktviertel, Neumarktviertel, Brühlviertel und Wendisches Viertel. Mehrere Erweiterungen der Oberstadt sowie die Entstehung von Vorstädten (Stephans-, Steintor-, Badstuben- und Wasservorstadt) bezeugen die Blüte des Marktes und den Wohlstand der Stadt und ihrer Bürger.
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