„Okimono“
Japanische Statue
Daten zum Glanzstück des Monats November
Dekoration, gebraucht
mehrteilig, unvollständig
Bronze, Holz, teilweise vergoldet und brüniert
circa 1890
Höhe 38 cm, Breite 12,5 cm, Tiefe 9,5 cm
Inv. Nr. X – 2 a, b
Provenienz: Altbestand. Herkunft unbekannt. Ersterfassung 4. Oktober 1960
Über dieses Glanzstück
Okimono, japanisch für „Hinstellding“, waren typische Kunstschnitzarbeiten aus der Zeit der Meiji-Periode (1868-1912). Sie entwickelten sich aus der Netsuke-Elfenbeinschnitzerei und der Schwertschmiedekunst.
Bis Mitte des 19. Jahrhundert war es in Japan üblich, traditionelle Kleidung zu tragen. Mit dem Umbruch, ein modernes, nach Europa hin geöffnetes Japan zu schaffen, kam auch das Tragen westlicher Alltagskleidung in Mode. Die Netsuke, Gegengewichte am Gürtel des japanischen Kimonos, die ein taschenähnliches Gefäß (Inro) ausbalancierten, fanden keinen Absatz mehr. Die Netsuke-Schnitzer begannen daraufhin größere Objekte herzustellen, die weltweit großen Anklang fanden. Ebenso erging es den Schmieden. Mit der Abschaffung des Shogunats und dem Verbot des Tragens von Schwertwaffen verloren sie ihre Arbeit. Da sie sehr geschickt waren, begannen auch sie mit der Herstellung von Okimono aus Metall mit einer besonderen Patinierung und vergoldeten Details. Dargestellt wurden Figuren aus der Mythologie, Helden und Legenden der japanischen Geschichte, aber auch Szenen aus dem Alltag sowie Heilige. Das Zentrum befand sich in und um Tokyo, wo auch die Stilrichtung der sogenannten Tokyoter-Schule entstand. Die Höhe der Okimono lag zwischen 10 und 40 cm, es gibt aber auch sehr große über 70 cm. Das bevorzugte Material war neben Elfenbein, Buchsbaum, Horn, Bambus, wie oben genannt Bronze oder eine Kombination der unterschiedlichen Materialien miteinander.
Der hier vorgestellte Okimono – ein Nachtigallenfänger – ist eine Kombination aus Hartholz und Bronze. Das Exponat ist in drei Teile gegliedert – Figur, Holzsockel und abnehmbare Stange. Es stellt einen Vogelfänger dar, der eine Nachtigall mit einer Leimstange gefangen hat. Der kleine Bronzevogel ist an der filigran gearbeiteten Stange befestigt. Die Stange ist samt Vogel abnehmbar. Ein Gegenstand, vermutlich ein Bambuskorb, fehlt an der rechten Seite der Figur, ebenso ein Teil der Kopfbedeckung oder der Frisur. Der Mann trägt eine Garnitur des Jimbei (Kurzkimono), traditionelle Tabi (Zehensocken) und Zori (Zehenstegsandalen aus Tatami/Reisstroh). Seine Kleidung ist reich brokatiert mit Blüten der Chrysantheme und räderähnlichen Ornamenten. An seinem Obi (Gürtel) trägt er einen Inro (Taschengefäß für Siegel oder Medizin), welcher mit einem kleinen goldenen Netsuke am Gürtel befestigt ist. Sein Gesicht, Ohren, der Hals und die Hände sind speziell dunkel lackiert. Die Figur ist an zwei Stellen an dem hölzernen Unterbau befestigt. Das Holz ist ebenfalls dunkel lasiert und mit goldener Farbe verziert. Neben stilisierten Karakusa-Ranken (Chinesisches Gras) ziert eine kleine Darstellung eines Phönixes den Sockel. Im Holz befinden sich dünne Risse. Signiert auf einer vergoldeten rechteckigen Kartusche am Kurzkimono hat die Arbeit Miyao Eisuke.
Dieser Metallhersteller war einer der bekanntesten Metallkünstler seiner Zeit und mit dem Unternehmen Miyao zuerst in Yokohama ansässig bis er 1890 nach Tokyo umzog. Seine Mitarbeiter stellten mit großem Erfolg auf vielen Ausstellungen aus und ihre beeindruckenden Werke wurden sehr oft hoch prämiert. Bekannt war das Unternehmen hauptsächlich für seine Metallwaren, im Repertoire fanden sich auch Arbeiten aus Holz und Elfenbein wieder. Die „Miyao Company of Yokohama“ war unter ihrem Gründer Miyao Eisuke ein sehr produktiver Hersteller vor allem von mittelgroßen bis großformatigen patinierten und vergoldeten Bronze-Ornamentskulpturen. Auch diese Arbeiten zeigten oft Charaktere der japanischen Sagenwelt und/oder der Mythologie. Ebenso die Alltagswelt der Japaner mit z. B. ihren unterschiedlichen traditionellen Berufsgruppen wurde porträtiert. Als solche sprachen sie sowohl den japanischen als auch den westlichen Markt an. In Europa und den USA beeindruckte die Käufer zum einen die reine Exotik des Gegenstandes, zum anderen aber auch mit welch feiner Verarbeitung des Materials gearbeitet wurde. Neben u. a. Fischern, Schneidern, Musikern, Kindern und Beamten zeigen viele der Okimono Darstellungen der Samurai – auch kämpfend. Gegen Ende der 1880er-Jahre führte besonders die Faszination für japanische Kunst und Objekte aus dem fremden Land der „Aufgehenden Sonne“ zu einem Trend, der als Japonismus bekannt ist. In Paris, London, New York eröffneten Geschäfte, aber auch Galerien und Museen, die sich allein mit diesem Thema auseinander setzten. Für private Sammler waren diese Objekte nicht weniger von Interesse. Noch heute sind die Figuren begehrte Sammelobjekte und erzielen auf Auktionen beachtliche Preise.
Wie und wann genau der Nachtigallenfänger ins Zeitzer Museum gelangt ist, ist nicht bekannt. Auch er wurde zunächst für eine chinesische Statue gehalten, wie es im Hauptkatalog des Museums nachzulesen ist. Erst später wurde eine Korrektur zu einer „japanischen Statue“ vorgenommen. Der Okimono ist Teil des Sammlungsbereiches der „Ethnografie“ und wird derzeit nicht ausgestellt.
Text: Carmen Sengewald / Fotos: Nadine Neumann, © MSMZ