Altmarktumbau in Zeitz
Holzschnitt von Johannes Lebek
Johannes Lebek (1901 – 1985) „Altmarktumbau in Zeitz“ / Holzschnitt, 1937 / Werksverzeichnis Nr. 149 / 27,6 cm x 41,8 cm
Dieser Holzschnitt ist eine frühe Arbeit Lebeks aus der Zeit seiner ersten großen Anerkennung als Künstler auf der Weltausstellung in Paris, wo er die Silbermedaille für sein Holzschnittbuch „Elisabethchen“ erhielt, wenige Jahre nach seiner Studienzeit an der Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig.
Eine Zeit, geprägt von Arbeitslosigkeit für ihn, wie für viele andere auch. Er ist gezwungen, immer wieder Notstandsarbeiten anzunehmen, aber als Künstler ist er trotz dessen sehr produktiv.
Er zeichnet und schneidet in Holz, was ihn viele Tagesstunden umgibt und wo er selbst ist und auch sein Brot verdient: auf den Baustellen seiner Vaterstadt Zeitz, beim Brückenbau, bei der Elsterregulierung oder bei der Bachpflasterung.
Text und Fotos:
Ulrike Trummer
Der relativ große Holzschnitt „Altmarktumbau“, zeigt geschäftige Bautätigkeit 1937 im Herzen unserer Stadt.
Den Platz umsäumen noch die gleichen Häuser wie heute. Die in hellem Licht erstrahlende Front der Mohren – Apotheke fällt sofort auf, daneben das Rathaus mit seinem hohen Turm, links davor noch der Finkgräfebrunnen. Jedes der Gebäude stellt Lebek wirklichkeitstreu dar. Die in einer Reihe mit dem Gewandhaus stehenden Häuser sind in schwarze Schatten getaucht, in das Dunkel der Häuserwände zeichnet Lebek mit dünnen Schnitten kleine charakteristische Details, die im Druck als winzige weiße Linien erscheinen. Jeder Zeitzer erkennt hier noch heute den Altmarkt sofort.
Aber dann konzentriert sich der Blick auf die bewegte Szenerie auf dem großen Platz.
Vom Beobachter zum Chronisten
Wir sehen sehr viele Bauarbeiter mit Schippen, Schaufeln, Sack- und Schubkarren, Leiterwagen, welche ausnahmslos aus Holz gebaut sind und Holzräder haben! Die Stellmacher, die dieses Gerät gebaut haben, gibt es heute nicht mehr.
Wer kann heute noch ein Holzrad bauen? Keine Baumaschinen, keine Bagger, keine Radlader! Nur ein einzelner Lastkraftwagen. Pferdefuhrwerke bringen Material, zu dritt wird eine Lore mit Erde oder Sand auf Gleisen unter Aufbietung höchster Körperkraft bewegt.
Der vormals „schiefe“ holprige Patz sollte begradigt werden, ein Paradeplatz, ein Platz für Kundgebungen und Feste, umsäumt von Straßen, soll entstehen. Aber Lebek zeigt hier nicht das Ziel oder das stolze Ergebnis, was nach knapp hundert Tagen im Juli 1937 erreicht war, weil fast 200 Menschen: Mauer, Pflasterer , Rammer und viele Hilfsarbeiter hier beschäftigt waren.
Er sieht all diese Menschen schuften. Seine genaue Beobachtungsgabe ermöglicht ihm, auch in geringer Abbildungsgröße, davon glaubhaft zu berichten. In der Darstellung von wirklicher körperlicher Arbeit ist er da schon ein Meister. Es wird deutlich erkennbar gepflastert, geschoben, geschleppt, geschaufelt. Auf einer im Nachlass erhalten gebliebenen Skizze finden wir auch schriftliche Notizen darüber, was er dann in Holz schneiden will (z.B. „Mann mit Gießkanne und Gummistiefeln“, daneben „der mit dem Schlauch…“).
Lebek wird mit seiner Grafik vom genauen Beobachter zum Chronisten für unsere Betrachtung.
Etwa 80 Jahre später wurde der Altmarkt wieder umgestaltet und wir hatten den direkten Vergleich mit einer Baustelle heutiger Tage an selber Stelle.
Auch der Druckstock des Holzschnittes ist vor 2 Jahren wieder nach Zeitz zurückgekehrt und ist wie der Holzschnitt nun im Lebek- Zentrum ausgestellt. Er verdeutlicht noch einmal seine Komposition, die mit Weiß und Schwarz die Spannung auf dem Blatt erzeugt. Tief weggeschnitten sind die großen weißen Flächen des Himmels und das Geschehen auf dem Platz stellt sich hier auf dem Holzstock als faszinierendes Relief dar.
Das Schwarz der Häuser und Bäume bildet eine große, nur wenig unterbrochene Oberfläche des Druckstockes, dazu die Stege für den Druck des linear dargestellten Bauplatzes. Nur die in einer Fläche liegenden Höhen des Druckstockes werden eingeschwärzt und die Farbe wird beim Drucken an das Papier abgegeben. Der Holzstock ist spiegelverkehrt geschnitten, damit er ein seitenrichtiges Bild liefert. Das Handwerk für seine Kunst beherrschte Lebek glänzend.
weitere Informationen
Der Nachlass des Holzschneiders Johannes Lebek ist als „Sammlung Elisabeth und Hubert Wegner“ im Lebek-Zentrum des Museums untergebracht.
Die „Lebek-Sammlung“ mit über 800 Blättern ist Teil der Grafiksammlung des Museums und befindet sich seit Mai 2004 im Magazin des Zentrums. Hunderte Druckstöcke und Skizzen, Manuskripte für Bücher und natürlich Handabzüge fast aller Holzschnitte, aber auch Lithografien, Aquarelle und seine Holzschnittmesser gehören dazu.
Mehr über Leben und Werk Johannes Lebeks erfahren Sie hier: